wohnen in Neuhausen-Nymphenburg. Er arbeitet als Arzt an einem Forschungsinstitut, sie ist Redakteurin.
1. Wie sind Sie zu dem Projekt gekommen?
Familienintern hatten wir schon einige Zeit über das Schicksal jüdischer Familienmitglieder während des Nationalsozialismus nachgeforscht, die zeitweise auch in Neuhausen gelebt haben. Ein Zeitungsbericht hat uns dann auf das wunderbare Projekt „hier wohnte…“ von Herrn Wolfram P. Kastner aufmerksam gemacht. Zugleich wollten wir unsere persönliche Familienerfahrungen und -nachforschungen in das Neuhausener Erinnerungsprojekt einbringen und haben uns dem Arbeitskreis angeschlossen.
2. Was war/ist Ihre Aufgabe bei dem Projekt ?
Unsere Aufgabe war gemeinsam mit anderen Mitgliedern des Arbeitskreises vor allem das Aktenstudium im Bayerischen Staatsarchiv, insbesondere über meinen Onkel mit Familie und meine Tante (und wer war das? Namen), sowie Erstellung der entsprechenden Kurzbiografien.
3. Warum engagieren Sie sich für das Projekt?
Der Familienbezug macht es nochmals verstörender und erschreckender, mit welcher brutalen und unbarmherzigen Strategie und unfassbaren Perfidie jüdische Mitbürger erst gedemütigt, dann entrechtet, separiert, enteignet, ausgebeutet und schließlich im KZ ermordet wurden. Gerade in der heutigen Zeit müssen wir das Schicksal dieser Münchner Mitbürger und Familienmitglieder während der Nazizeit kennen und daraus unsere Lehren ziehen. Besonders bestürzend ist, wie viele menschliche Rädchen bei dem Prozess der Enteignung und Vernichtung der Juden ineinander gegriffen und wie viele Menschen daraus auch ihre ganz persönlichen Vorteile gezogen haben. Das Wissen über diese Vorgänge muss weithin bekannt, aber unterdrückt gewesen sein.
Es ist eine große gesellschaftliche Aufgabe der Gegenwart, diese Tatsachen in unser heutiges Bewusstsein zurückzurufen und sich gegen Rückfälle in diese Denkmuster zu wappnen.
4. Nimmt die Arbeit am Projekt Einfluss auf Ihre persönliche Sichtweise? Und wenn ja, inwiefern?
Gerade das Studium bisher nicht zugänglicher Akten aus dem Bayerischen Staatsarchiv war zum Teil sehr schmerzhaft, hat aber Einsichten in die Zusammenhänge gebracht und das Leben dieser „verschollenen“ Mitbürger, Mitbürgerinnen und Familienmitglieder ein wenig nachgezeichnet. Sie wollten leben wie andere Menschen auch, durften das aber nicht, nur weil sie Juden waren.
Im Rahmen unserer größeren Familie habe wir den Wiedergewinn an Familienwissen mehrfach diskutiert und aufzuarbeiten versucht. Wir haben bekannte Wohnadressen der jüdischen Familienmitglieder gemeinsam besucht im Gedenken an ihr Leben, auch Gräber von weiteren Angehörigen, und haben auch eine kleine familieninterne Dokumentation erstellt. Wir sind sehr glücklich und dankbar, diese Familienmitglieder „wiedergewonnen“ zu haben und dadurch vielleicht auch ein paar familieninterne Wunden zu heilen.