
18.05.1855-23.09.1942
Charlotte Perutz wurde am 18.05.1855 in Nürnberg geboren. Sie war die Tochter des Kaufmanns Salomon Lust und seiner Frau Rosa. Nach dem Tod ihres ersten Mannes heiratete sie Otto Perutz am 15.10.1901 und zog zu ihm nach München. Otto Perutz hat mit der Entwicklung hochempfindlicher Emulsionsplatten die Farbphotographie bahnbrechend vorangetrieben. Er war Inhaber der Perutz-Werke in München. Charlotte und Otto wohnten zunächst am Maximiliansplatz 5, bezogen dann 1908 eine hochherrschaftliche Wohnung im 1. Stock links der Martiusstraße 8. Am 18.01.1922 verstarb Otto Perutz. Seine Witwe Charlotte blieb in der gemeinsamen Wohnung und teilte ihre Wohnung bis April 1937 für fünfeinhalb Jahre mit Anna Lust, der Witwe ihres Bruders Alfred, bis diese nach New Jersey emigrierte.
Von Januar bis April 1939 wurden in Charlottes Wohnung Berta Dispecker und Sabine Bachmann untergebracht, die durch den Verfolgungsdruck ihre Unterkünfte verloren hatten. Am 28.3.1941 musste die fast 86jährige Charlotte Perutz ihre Wohnung verlassen, in der sie 33 Jahre gelebt hatte. Kurz zuvor kam Franz Mugler von der Münchener Arisierungsstelle in ihre Wohnung, bedrohte sie, listete alle Einrichtungsgegenstände auf und teilte Charlotte mit, dass die Wohnung binnen drei Tagen geräumt werden müsse, damit sie vom Kommandanten des KZ-Außenlagers Giesing bezogen werden konnte.
Charlotte Perutz wurde in den kommenden Wochen gezwungen, noch weitere fünfmal umzuziehen und kam nach Aufenthalten in Pensionen und jüdischen Altersheimen in das israelitische Krankenhaus in der Hermann-Schmid-Straße 7, von wo aus sie am 06.06.1942 nach Theresienstadt deportiert wurde und wegen der dortigen unmenschlichen Bedingungen am 23.09.1942 an Entkräftung starb.
Wenige Tage vor ihrer Deportation musste Charlotte am 30.5.1942 eine Vermögenserklärung abgeben, die der Vorbereitung des Raubs ihrer verbliebenen Besitztümer durch den NS-Staat diente. Von der Wohnungseinrichtung ihrer 8-Zimmer-Wohnung, die ihr zusammen mit Gold, Silber, Schmuck und diversen Kunstgegenständen schon zuvor geraubt worden war, konnte sie lediglich einen Nachttisch, einen Sessel und ein Kopfkissen, aber keine Kleidung mehr angeben. Diese Habseligkeiten fielen mit ihrem Wertpapierdepot an das Reich und wurden „verwertet“, als Charlotte bereits tot war. Für den NS-Staat war der Fall der Charlotte Perutz damit abgeschlossen.